Der geile König

  - eine antike Liebestragödie -  

    In einer Studenten-WG lernte ich den Schorsch kennen, einen humanistisch-gymnasial vorbelasteten Urbayern, dessen Griechischlehrer ganz offensichtlich das Herz am rechten Fleck gehabt hatte, denn sein Schüler verfügte über einen reichen Schatz an altgriechischen Sprachspielereien, die - ganz im Geiste der sinnenfrohen Achaier - häufig erotisch, manchmal auch etwas zotig angefärbt daherkamen. Ich selbst war ja nur ein Drittelhumanist mit meinem gernegroßen Latinum, aber der Schorsch führte mich mit diesen als Eselsbrücken für begriffsstutzige Schüler gedachten Scherzchen ein bißchen an die Schönheit der altgriechischen Sprache heran. Neben der Konjugationsformengedächtnisstütze an Hand der verschiedenen Synonyme für "urinieren" (die ich leider nicht mehr komplett zusammenkriege, aber es geht irgendwie mit "schiffo, brunzaesomai, bepiselka, epipinkleikein, baepißtos…") war es die klassisch kurze Tragödie des geilen Königs, die mir im Gedächtnis haften geblieben ist:

ὁ βασιλεὐσ γαιλὸς ἠν
καὶ ἐτελεφονίζατο εις τὴν βασιλείαν :
- „βούλομαι.“

ἡ βασιλεία απαμειβομενη προσέφη :
- „ού δὐναμαι, ἔχω τὸν περίοδον.“

ὁ βασιλεὐσ γαιλότερος ἦν
καὶ ἐτελεφονίζατο πάλιν εις τὴν βασιλείαν :
- „βούλομαι ὅπισθεν.“

ἡ βασιλεία απαμειβομενη προσέφη :
- „ού δὐναμαι, ἔχω τὰς ἡμορίδας.“

ὁ βασιλεὐσ γαιλότατος ἦν
καὶ ἐποίησεν σὑν χείρε.

    Für die mehr mathematisch-naturwissenschaftlich orientierten Leser übertrage ich den Text sinngemäß ins Deutsche:

Der König war geil
und telephonierte mit seiner Königin:
- "Ich will."

Die Königin, antwortend sprach sie ihn an:
- "Ich kann nicht, ich habe die Periode."

Der König wurde geiler
und telephonierte abermals mit seiner Königin:
- "Ich will von hinten."

Die Königin, antwortend sprach sie ihn an:
- "Ich kann nicht, ich habe Hämorrhoiden."

Da wurde der König äußerst geil
und machte es sich mit der Hand.
    Ein belangloses, etwas dümmliches Witzchen? Vielleicht. Aber daß ein bayrischer Gymnasiallehrer ein Zötchen benutzte, um seinen unwilligen Zöglingen gleichzeitig die Bildung der Steigerungsformen, ein paar idiomatische Wendungen, und die Offenheit der ollen Griechen für die Freuden des Fleisches zu demonstrieren, halte ich für erinnernswert.

Zuletzt aktualisiert: decet 3.6.2015