Ich nenne es… nein, das heb' ich mir für den Schluß auf.
Im Supermarkt. Die engste Stelle. Da steht eine alte Dame mit einem Rollator. Na gut, die kann nicht viel dafür, studiert mit altersweitsichtig zusammengekniffenen Augen die winzig gedruckten Zutatenlisten auf den Tütensuppentüten. Ich muß ans andere Ende der Regale, mache Kehrt und sause außen rum, nur um festzustellen, daß jetzt ein Pärchen das andere Ende des Ganges blockiert, eine schön breite Zweiergruppe neben ihrem Einkaufswägelchen (man könnte sich ja auf dieselbe Seite stellen wie das Wagerl, aber das wär' ja zu einfach), und diskutieren ausführlich die Vorzüge der verschiedenen Klopapiersorten. Eine Minute. Zwei Minuten. Ich räuspere mich, sie schrecken auf, blicken verstört in meine Richtung, und dann tauschen sie die Plätze, blicken mich dankbarkeitheischend an und sind richtig beleidigt, daß ich jetzt auf dem Absatz Kehrt mache und wieder zurücksause, denn die alte Dame ist inzwischen zu Potte gekommen und rollert mit einer Tüte Suppe Richtung Kasse.
Parkplatz vor der Metzgerei. Der einzige Ausgang ist mit zwei Fahrrädern zugestellt, es ist gerade noch so viel Platz, daß sich ein Mensch mit Einkaufstasche in der Vorhalte durchschlängeln kann, und genau dort, jawohl, in der Lücke, steht eine Zweierdiskussionsgruppe aus einem g'standenen Mannsbild und einem weiblichen Pendant, es werden irgendwelche Bekannte durchgehechelt, ich sage nach einer angemessenen Wartezeit "Dürfte ich bitte vorbei?" - Man blickt mich zutiefst indigniert an, dann sagt er zu ihr: "Wollen wir den jungen Mann vorbeilassen?" Sie erwägt mein Ansinnen in ihrem Herzen, dann nickt sie gnädig, und sie rücken etwa 5 cm auseinander, und als ich mich vorsichtig, vorsichtig durch den entstandenen Spalt schlängele, dabei ihren wogenden Busen mit der Einkaufstasche berühre, hebt sie die buschigen Augenbrauen und röhrt "Öha, Sie gell!"
Oder der kleine Park & Ride am U-Bahnhof. Es gibt ein Bundesligaspiel, und ein paar Bayern-Fans lungern herum, ich will mein Fahrzeug abstellen, weil ich noch eine Flasche Essig im daneben gelegenen Laden holen will, aber es ist nur noch der Behindertenstellplatz frei, da wende ich - bzw. möchte wenden, aber ein Smartphone-Zombie hat sich gedankenverloren über die Gasse zwischen den besetzten Parkreihen verteilt und läßt sich von meinen Rangierbemühungen nicht bewegen, auch nur eine Sackhaaresbreite zur Seite zu treten… Zum Glück habe ich einen Rückwärtsgang.
Und dann der Leergutautomat im Lidl. Ein 24-karätiger Depp steckt bestimmt 5 mal eine Weinflasche hinein, beobachtet fasziniert, wie der Automat auf "Tilt" geht, und wandert zur Kasse, um einen Helfer vom Personal herbeirufen zu lassen, der dann hinter dem grünen Vorhang verschwindet und eine magische Handreichung verrichtet, worauf der Automat wieder Flaschen annimmt - nur um durch die erneute Einführung der nämlichen Weinflasche wieder in eine Identitätskrise zu verfallen.
Oder das Allerhärteste. Fußgängerampel vor der Bäckerei, eine etwa 59-jährige bulldoggengesichtige Dame wartet, das Fahrrad an ihrer Seite, auf das grüne Ampelpersönchen. Das zum Bürgersteig quer stehende Fahrrad läßt zwischen seinem Schlußlicht und dem Ampelpfosten noch knapp einen halben Meter Durchschlupf frei. Da kommt eine Mama mit zwei Kinderrad radelnden Kindern an, sieht das Malheur, ruft: "Kinder, absteigen!", und spricht höflich zur Bullenbeißerin: "Könnten wir bitte mal vorbei?" - worauf das Miststück mit dem Fahrrad einen kleinen Ruck - nein, es ist eher ein mittlerer Ruck - nach hinten macht, um dann genugtuerisch das Gorgonenhaupt zurückzuwerfen. Da könnt' ja jeder kommen, und wenn ich warten muß, bis grün kommt, sollen die Drecksgören auch warten.
Sind die denn alle noch zu retten?
Aber ich habe jetzt erkannt, was es ist. Die sind nicht bösartig oder blöd. Es ist der Arschloch-Instinkt. Da kannst' einfach nix machen.
- Ich glaub', ich bin wirklich zu empfindlich. - |