Es begab sich in der kurzen, glücklichen Zeit, da wir beide, die beste Ehefrau von allen, und ich, schon in Arbeit und Brot waren, aber noch nicht den Löwenanteil unserer Gehälter für Kinder und deren Bedürfnisse zu spendieren hatten - da schenkten wir einander zu Geburts- und Hochzeitstagen, sowie zu Weihnachten, Ostern oder auch mal spontan nutzlose Dinge. Die gemeinsame Wohnung hatte noch aufnahmefähige Ecken, Ablageflächen und Fensterbretter, und es gab immer wieder etwas, das einer von uns unbedingt gerne haben wollen würde…
So auch in einem Advent, da ich am Münchner Stachus etwas zu erledigen hatte, im Untergeschoß dieses zeitweise verkehrsreichsten Platzes der alten Welt, unter den Tram-Bahnsteigen, gab es Geschäfte, die in ihren Schaufenstern überflüssigen Kram ausstellten - nicht der Laden mit den himmlischen Schweizer Schokoladenbruch-Sorten, die waren damals ganz arg nicht überflüssig - und in einem Schaufenster, ganz rechts unten, schaute mich ein Plüsch-Dachs an und raunte mir telepathisch zu: "Kauf mich. Bitte."
Was soll man da machen? Ich brauchte noch ein Geschenk für die Gattin, und so betrat ich den Laden, ließ mir den Dachs aus der Auslage holen, und - Mist, kein Geld dabei. Ich bat die nette Verkäuferin, ob sie so nett sein und mir netterweise das schnuckelige Kuscheltier zurücklegen könnte, ich würd's in den nächsten Tagen bestimmt holen kommen.
Aus den Tagen wurden zwei Wochen, bis ich wieder da hin gehen konnte, ich strebte in die Untergeschoß-Passage, um den Dachs einzufordern, noch ein Blick auf die Schaufensterecke - kein Dachs. Pandas, Dinos, Papageien, Kaninchen, noch mehr Dinos, aber kein Dachs. Hat ihn mir jemand weggeschnappt.
Ich ging trotzdem hinein, vielleicht kann man den noch mal bestellen, und fragte die immer noch nette Verkäuferin: "Sie hatten doch vor ein paar Wochen mal einen Plüsch-Dachs im Fenster, haben Sie umdekoriert, oder ist der verkauft?" - "Nein, an Dachs ham wir gar nie g'habt, den müssen's woanders g'sehen ham. Wo soll denn der g'standen ham?" - "Da, im Schaufenster, ganz rechts vorne in der Ecke, aber da ist er jetzt nicht mehr."
Und die noch ein bißchen nette Verkäuferin schritt hin zum Fenster und sprach: "Schaun's, da ist kein - - Na so was, da is ja doch a Dachs!", griff in die Auslage, hob ein Plüschwesen heraus, und Saperdipix! Aus ihren zwei ergreifenden Händen schaute mich der Dachs an und telepathierte mir: "Ich dachte schon, Du kommst nicht mehr. Aber jetzt kaufst Du mich?"
Blöde Frage, natürlich hab ich ihn gekauft. Und die jetzt etwas konsternierte Plüschtierfachverkäuferin murmelte beim Bezahlen irgendwas wie "I hätt' schwör'n kenna, daß ma koan Dachs ned g'habt ham."
Der Meister Dachs bekam dann auf dem Gabentisch den Ehrenplatz, wurde mit der Liebe meiner Frau sowie der unserer später dazu gekommenen drei kleinen Mädchen beaufschlagt, und hat uns Freude gemacht. Meine Liebe bekam er auch, aber nicht so handgreiflich, sondern eher mit einem gelegentlichen Männer-Augenzwinkern.